2003 – Bindlach-Open

Bindlach im Schachfieber

Nervenstärke hieß das Zauberwort. Sie war am Samstag beim internationalen Jugend-Schnellschachturnier „Bindlach-Open“ nicht nur von den jungen Akteuren gefragt, die ihre Figuren über die 64 Felder trieben, sondern auch von den Schiedsrichtern, Organisatoren und Helfern der Schachabteilung des TSV Bindlach, die den Ansturm von 220 Teilnehmern – eine neue Rekordzahl – zu bewältigen hatten, und nicht zuletzt von Eltern wie Betreuern (ca 150), die angesichts des fröhlich-frechen Treibens ihrer Schützlinge auf dem Brett oft genug nur noch resigniert die Hände über dem Kopf zusammenschlugen.

Die besten beim Bindlach-Open
GM Bezold Michael beim Schaukampf zum Bindlach-Open

Aus ganz Bayern sowie den Bundesländern Hessen Thüringen, Baden- Württemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen und  sogar aus Holland war der hoffnungsvolle Schachnachwuchs erschienen, um sich in Bindlach die begehrten Siegertrophäen zu schnappen. Da es um die Bayerische Schnellschachmeisterschaft ging, es war das letzte der „Rapidserie“, waren sämtliche Spitzenspieler aus Bayern am Start. 4 Bayerische und 2 Thüringische aktuelle Jugendmeister brachten Qualität ins Turnier. Die Geschwister „de Cloet“ aus Holland durften sogar mit drei Pokalen beladen die Heimreise antreten: Beide gewannen Ihre Altersklassen (U-10 und U-14 weiblich) und bekamen für die weiteste Anreise einen Sonderpokal. Der jüngste Spieler des Turniers (Daniel Ullrich) vom Schachversand aus Zeil am Main wurde ebenfalls geehrt. Die U-14 gewann Benjamin Hofmann vom FSV Großenseebach. Mit 15 Spielern stellte der FSV das größte Kontingent an Teilnehmern und gewann somit auch diese Pokalwertung.

Der besondere Stolz des „Bindlach-Open“ war die Mädchengruppe. Da das „schwache Geschlecht“ dem königlichen Spiel wesentlich weniger zugeneigt ist als der männliche Nachwuchs, bleiben auch die Teilnehmerzahlen der jungen Damen bei Schachturnieren meist in einem sehr begrenzten Rahmen und nur bei wirklich gut besuchten Ereignissen kann eine eigene Gruppe für die weiblichen Jünger der Schachgöttin Caissa eingerichtet werden. 30 Mädchen waren es in der Bären-Halle, die ihr Können auf den schwarz-weißen Feldern demonstrierten. 21 davon rangen in einer eigenen (U 14-)Gruppe um Siege und Remisen, sechs waren für diese Klasse schon zu alt, und fünf weitere zogen den Kampf mit ihren männlichen Altersgenossen der Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht vor.

Für den geregelten Ablauf der ganzen Veranstaltung sorgten neben der Turnierleitung um Cheforganisator Klaus Steffan die Gruppenleiter, von denen jeder eine der Altersklassen zwischen U8 und U20 zu betreuen hatte. Dass es keinen einzigen richtigen Streitfall gab, zeugt von ihrer guten Arbeit. Offensichtlich machte es bei den Spielern Eindruck, wenn diese Respektspersonen in der eindeutigen Absicht, jede Regelverletzung sofort zu ahnden, ihr gestrenges Auge über die Bretter schweifen ließen. Aber auch Einfühlungsvermögen muss so ein Gruppenleiter – vor allem bei den jüngeren Jahrgängen – besitzen. Da kann es schon mal vorkommen, dass er einen der kleinen Kämpen nach einer schmerzhaften Niederlage trösten oder ihm die Nase putzen muss.

Voll engagiert gehen bei einem solchen Jugendturnier auch die Eltern und Betreuer mit, die zumeist mit Partiebeginn hinter ihren Zöglingen Aufstellung nehmen und an deren Mienen dann der Experte ganz genau ablesen kann, was sie vom Geschehen auf dem Brett halten. Vor allem die Aktivitäten der jüngsten Teilnehmer treiben die mitleidenden Zuschauer dabei oft zur Verzweiflung, denn während in den oberen Altersklassen die erfahreneren Spieler schon gelegentlich mal eine oder zwei der ihnen pro Partie zur Verfügung stehenden zwanzig Minuten in eine schwierige Stellung investieren, wird bei den Kleinen der Begriff „Schnellschach“ noch ernst genommen. Ihr oberstes Bestreben ist es, dem Gegner nur ja keine Atempause beim Nachdenken zu gönnen, und jeden Zug mit einer wie aus der Pistole geschossenen Entgegnung zu kontern. Wenn dabei die Arme nicht ganz über den Tisch reichen, klettert man auch schon mal auf den Stuhl, um auf der gegnerischen Grundreihe Figuren einzukassieren.

Nach einem anstrengenden Turniertag war es in Bindlach wie anderswo auch: Am Schluss setzt sich immer die Klasse durch. So waren die Gruppensieger teilweise altbekannte Gesichter, die häufig schon in den Vorjahren – wenn auch da noch eine Altersklasse tiefer – für Furore gesorgt hatten. Auf sie wartete auch heuer wieder ein besonderes Schmankerl. Sie durften zu einer Simultanrunde gegen Großmeister Michael Bezold aus Waischenfeld antreten, der 25 Minuten auf der Uhr hatte, während seine zehn Kontrahenten mit 15 Minuten auskommen mussten. Dabei konnte der 31-jährige Großmeister auch seine körperliche Fitness unter Beweis stellen, denn er lief ständig in Höchstgeschwindigkeit das ganze Geviert ab, während sich die gewieften Jungspunde alle Mühe gaben, ihre Uhr genau in dem Moment zu drücken, wo Bezold möglichst weit weg stand. Besondere Heiterkeit erregte es in den dichten Zuschauerreihen, wenn der Großmeister aus den Augenwinkeln an einem Brett, in dem er schon in Zeitnot war, eine Zugabsicht des Gegners bemerkte und dann sofort hinsprang, was aber diesen nur dazu veranlasste, mit der Hand wieder zurückzuzucken und aus unschuldigen Augen zu einem ob dieser Finessen lächelnden Michael Bezold aufzuschauen.

Zwei Siege und zwei Remise gegen den Großmeister kamen am Ende für die jungen Schachcracks heraus: Julian Jorczik vom SV Höhenkirchen (Gewinner U-12) und der Nürnberger Sven Horstmann, Sieger der U-16, konnten den Großmeisterskalp an ihren Gürtel heften, Alexander Opitz vom TSV Bindlach, Gewinner der U-18, und der U-20 Meister, Sebastian Klinger (TuS Geretsried) erreichten jeweils ein Remis gegen den Großmeister Bezold, der in der ersten Bundesliga beim Hamburger SK spielt.

Bei der Siegerehrung, die der Oberfränkische Schachpräsident Hans Blinzler und als Vertreter der zahlreichen Sponsoren, Dr. Thomas Bezold vom Kiwanis-Club Bayreuth vornahmen, wurden die ersten drei jeder Gruppe mit Pokalen belohnt. Eigene Trophäen gab es für den besten Einheimischen Andreas Potzel.

Danach war der Augenblick gekommen, in dem die Gruppenleiter ihre kleinen und großen Schützlinge die Urkunden und Preise übergaben. Jeder der 220 Kinder bekam je nach Platzierung absteigend wertvolle Preise, die durch zahlreiche Sponsoren (Sparkasse Bayreuth, Kiwanis-Club Bayreuth, Dekra-Bindlach, Möbel-Grünthal, Die Bahn, Spedition Walberer u.v.a. dankenswerter Weise finanziert werden konnten.

Hervorheben muss man die vielen Bindlacher Schacheltern, die beim Aufbau und bei der gastronomischen Betreuung toll mithalfen.

Schließlich tut jeder Schachverein alles, damit die Kinder von seinem Turnier mit zufriedenem Lachen heimfahren…., Alle waren sich einig, am 10. Juli 2004 sieht man sich wieder, wenn es wieder heisst, „Die Bretter sind frei“ in der Bindlacher Bärenhalle!